Grenzverletzungen
Grenzverletzungen sind ungewollte oder aus Gleichgültigkeit begangene Verletzungen der körperlichen oder psychischen Grenzen des Gegenübers. Sie können aufgrund verschiedener Empfindungen von Nähe und Distanz entstehen, ohne dass dabei sexuelle Ziele verfolgt werden.
Ein Lagerleiter, Medizinstudent, will ein Kind, das über Beissen und Jucken am Po klagt, gegen den Widerstand dieses Kindes untersuchen. In diesem Fall ist ein Arzbesuch - auch wenn es sich um Medizinisch ausgebildetes Personal handeln würde unablässlich und in Absprache mit den Eltern zu empfehlen.
Ein Mitarbeiter umarmt an einem Jugendabend andere Jugendliche. Besonders bei den jungen Frauen scheint die Umarmung sehr einseitig. Der Mitarbeiter übersieht, dass seine Handlungen unangenehm empfunden werden. Was die einen als normal oder nicht anstössig betrachten, verletzt andere in ihren Empfindungen. Da dies bereits zu Grenzverletzungen gehört, ist das ansprechen unerlässlich. Dazu empfiehlt sich bereits hier, externe Beratung um die Vorgehensweise nicht durch persönliche Motive und persönliche Verstrickungen leiten zu lassen.
Der Täter
Ausbeutende sind Menschen, die ihre sexuellen und ihre Machtbedürfnisse befriedigen, indem sie die Grenzen des Gegenübers missachten. Möglicherweise gibt der Täter dem Opfer (und sich selber) vor, eine tiefe Liebe zu empfinden. Man weiss heute, dass der grösste Teil der sexuellen Übergriffe durch Personen aus dem nahen sozialen Umfeld des Kindes geschehen, das heisst nebst Familienmitgliedern häufig durch Personen, die mit Kindern arbeiten. Rund ein Drittel der Übergriffe werden durch Minderjährige verübt. Viele Täter haben in ihrer Kindheit selber Missbrauch erlebt.
Aufgrund der Beratungsanfragen an die Fachstelle Mira kann man von vier häufig vorkommenden Tätergruppen sprechen:
- fixierte Pädosexuelle (Pädophile)
- Pädosexuelle (Trainer, Leiter, Lehrerpersonen) in Machtpositionen, die Übergriffe bei meist 12-16-jährigen Jugendlichen verüben
- junge Männer gegenüber mehr oder weniger gleichaltrigen jugendlichen Frauen / Männern (Sexualisierung der Beziehung, Ausnützung der Funktion)
- Pubertierende, die Grenzen ausloten (auch in virtueller Form, z.B sexuelle Belästigung in Chats oder online Foren)
Frauen als Täterinnen in Bezug auf sexuelle Ausbeutung treten im Freizeitbereich selten in Erscheinung, in Bezug auf grenzverletzendes oder übergriffiges Verhalten (physisch, psychisch, geistlich) sehr wohl.
Sexuelle Ausbeutung und Übergriffe
Sexuelle Ausbeutung ist eine sexuelle Handlung eines Erwachsenen oder Jugendlichen mit einem Jugendlichen oder Kind, das dieser Handlung aufgrund seiner intellektuellen und emotionalen Entwicklung nicht frei und informiert zustimmen kann. Der Erwachsene nützt seinen Wissens- oder Entwicklungsvorsprung und ein Macht- oder Abhängigkeitsverhältnis aus, um das Kind (den Jugendlichen) zur Kooperation zu überreden oder zu zwingen. Zentral ist dabei die Verpflichtung zur Geheimhaltung, die das Kind zur Sprachlosigkeit, Wehrlosigkeit und Hilflosigkeit verurteilt.
Mit einem sexuellen Übergriff sucht jemand die eigene sexuelle Erregung oder Befriedigung, ohne dass das Gegenüber informiert ist und freiwillig zustimmen kann: Ein Leiter mit voyeuristischen Hintergedanken, der mit den Kindern zusammen in der Mannschaftsdusche duscht, macht einen sexuellen Übergriff.
Bei sexueller Ausbeutung besteht ein Machtgefälle oder eine Abhängigkeit, welche von der überlegenen Person für sexuelle Übergriffe ausgenützt wird: Ein Teenieleiter, der ein Teenie-Girl immer wieder so umarmt, dass er ihren Busen spürt, beutet sexuell aus.
Als sexuelle Belästigung werden unerwünschte Berührungen oder verbale Äusserungen bezeichnet, die als Verletzung der sexuellen Integrität empfunden werden: In der Band macht eine Sängerin dauernd anzügliche Bemerkungen gegenüber ihrem Bandkollegen.