Sich am Erfolg anderer ECHT freuen

Echt, nicht einfach «christlich», ist ja klar. Darin liegt die Chance, ganz viel über sich selbst in Erfahrung zu bringen. Nicht immer sind uns unsere blinden Flecken bewusst. Oft lenken sie unser Handeln, ohne dass wir es wahrnehmen, und wir provozieren Auseinandersetzungen, statt sie zu entschärfen.

Ich erinnere mich gut an eine Situation: Ich hatte mich über Jahre in einen Jugendlichen investiert. Mit ihm die Bibel gelesen, ihn in der Psychiatrie besucht, mit ihm gebetet, ihn in die Nähe zu Jesus gebracht. Dann hatte er die Idee, er wolle mal mit dem Pastor sprechen. Und genau während dieses Gesprächs übergab er sein Leben Jesus. Für mich eine Ohrfeige! Klar freute ich mich! Aber ich war zutiefst enttäuscht, dass er den Schritt nicht bei mir getan hat. Ich war enttäuscht, dass Jesus mich nicht ernten liess. Dass ich die ganze Arbeit hatte und ein anderer einfach «absahnt» …

Was stimmt nicht mit mir?

Wenn mich etwas so stark nervt, dann will ich genauer hinschauen. Ich will mit Jesus und der Bibel herausfinden, was mit mir nicht stimmt. Einige Wochen später organisierten wir einen grösseren Anlass. Wir standen auf einem Balkon und schauten auf ein Meer von Jugendlichen hinunter. Ein Mitleiter meinte: «Genau das ist der Grund, warum sich all die Mühe lohnt. Das ist der Lohn für unsere Arbeit!»

Der Satz beschäftigte mich mehr als ich zugeben wollte. So kam es, dass ich einige Tage darauf die Bibel bei Matthäus 22 aufschlug. Der Weinbauer holt tagsüber immer mehr Mitarbeiter. Aber am Schluss erhalten alle – obwohl einer 12 Stunden und der andere nur eine Stunde gearbeitet hat – denselben Lohn. Ich fühlte mich wie der Betrogene: Ich habe schon die ganze Zeit gearbeitet, und nun ernten andere, die «nichts» getan haben, meinen Lohn. Der Lohn, der mir zustehen würde …

Der falsche Blickwinkel

Ein Satz in der Geschichte zeigte mir Jesus besonders: «Ist es mir nicht erlaubt mit dem Meinen zu tun, was ich will? Blickt dein Auge böse, weil ich gütig bin?» (Matthäus 22,15)

Ich bin selbst Chef von Angestellten. In mein Gebetstagebuch schrieb ich: «Nein, nicht weil du gütig bist, sondern weil das einfach ungerecht ist. Wenn du es schon so machen willst, warum muss derjenige, der am längsten gearbeitet hat, auch noch zuschauen, wie du alle vor ihm ausbezahlst? Hättest du ihn nicht einfach zuerst schicken können?»

Jesus korrigierte mich: «Du siehst es falsch. Dein Blickwinkel ist der Lohn, meiner die Güte. Der Arbeiter, welcher am längsten arbeitete, darf am längsten meine Güte geniessen. Der Lohn ist Nebensache, wenn du meine Güte schmeckst. Michi, kann es sein, dass du nur arbeitest, um Lohn zu erlangen? Statt zu arbeiten, um meiner Güte zu begegnen?»

Das hat gesessen. Ich musste zugeben, ich weiss nicht, wie Jesu Güte schmeckt. Ich kenne schon einige Aspekte seiner Güte: Die Güte der Bekehrung, der Sündenvergebung – aber die des Arbeitens? Die Güte, die Gott mir schenkt, indem er mir wunderbare Menschen zu Seite stellt?

Seit diesem Moment lerne ich, mich «ECHT» am Erfolg anderer zu freuen. Denn es ist die Güte Gottes, dass es nicht sein, sondern auch mein Weingarten ist. Es ist eine Freude zu sehen, dass auch eine Stunde vor Feierabend noch Menschen dazukommen. Und sie konnten zwar nur eine Stunde seine Güte geniessen (hoffentlich) – umso genialer ist es, dass sie denselben Lohn bekommen!

⇒ Tiefer graben

Wie gelingt es euch als Gemeindeleitung, euch am Erfolg anderer zu freuen?

Spürt die Gemeinde, spüren es die Teams?

Überrascht ihr sie mit Lob und Mitfreude, mit einer Einladung für geleistete Arbeit?

Macht den Unterschied und setzt eure Leute frei! Ermutigt, ermöglicht und seid grosszügig.

»Grosszügigkeit wird immer mit Grosszügigkeit belohnt.«